ADOLF EICHMANN
Vorgeschichte
Den Anfang bei der Suche nach dem NS-Verbrecher Adolf Eichmann machte die Polizeidirektion Wien. Im August 1945 leitete sie ein Verfahren gegen den Deportationsspezialisten und ehemaligen Judenreferenten des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA) ein. „Nach zehn Jahren ergebnisloser Bemühungen,“ so fasste Fritz Bauer die Ermittlungen zusammen, „sandte die österreichische Regierung ‚zuständigkeitshalber‘ den Aktenbestand an das Bundesjustizministerium in Bonn. Dort leitete man den Aktenvorgang dem Bundesgerichtshof zu, der seinerseits die Staatsanwaltschaft in Frankfurt am Main für zuständig erklärte (…).
Mit dieser Odyssee eines Aktenbandes durch die Zimmerfluchten von Ministerien, Staatsanwaltschaften und Gerichten, bei der sich Unberechenbares an Unberechenbares reihte, begann das Verfahren, das schließlich in Jerusalem mit der Verurteilung Eichmanns endete.“
Der Bundesgerichtshof entschied am 26. Oktober 1956, die als „Strafsache gegen Krumey und andere“ geführte Ermittlung an das Landgericht Frankfurt zu geben. Damit landeten die Fahndungsakten auf Fritz Bauers Schreibtisch.
Die Spur führt nach Argentinien
Wo ist Eichmann?
Familie Adolf Eichmann lebte seit dem Sommer 1953 in einem Vorort der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires. Der NS-Verbrecher war mit Hilfe des Vatikans über die berüchtigte Rattenlinie geflüchtet. Erst mit dem Sturz des Diktators Perón (1955), eigentlich schon mit dem Tod der legendären Evita Perón, löste sich das schützende Netzwerk auf, das Geheimorganisationen dort für die geflüchteten Verbrecher gesponnen hatten.
Mit dem Niedergang der Diktatur fiel auch die treibende Kraft hinter der deutsch-argentinischen Tarnfirma CAPRI (Compañía Argentina para Proyectos y Realisaciones Industriales, Fuldner y Cia) weg, hinter der sich unter anderem eine Anwerbeorganisation für die Fertigungsbetriebe der argentinischen Luftwaffe verbarg. Diesem Netzwerk und einer Anstellung bei Mercedes-Benz verdankte Eichmann seinen Unterschlupf.
Unter den „alten Kameraden“ aus der SS, die sich in Argentinien rund um die rechtsradikale Zeitung Der Weg zusammenfanden, wurde der ehemalige SS-Mann Willem Sassen (1918-2001) auf Eichmann aufmerksam. Beide brauchten Geld, um sich und ihre Familie zu ernähren, und das war wohl das entscheidende Motiv dafür, dass Sassen zwischen 1953 und 1955 Eichmann zu einem ausführlichen Tonbandinterview überreden konnte.
Eichmann gab damit sein Inkognito auf, denn er wollte der Welt endlich über seine Sicht der Geschichte Bescheid geben. Kurz nachdem das Interview begonnen hatte, kam ein Holocaust-Überlebender auf Eichmanns Spur.
Lothar Hermann – Ein Emigrant informiert Fritz Bauer
Lothar Hermann (1901-1974) war 1935/36 im KZ Dachau inhaftiert und in den dreißiger Jahren nach Argentinien geflüchtet. 1947 war er, im Alter von 46 Jahren, vollständig erblindet. Keine zehn Jahre später musste Hermann zu seinem Schrecken feststellen, dass seine dreizehnjährige Tochter einen der Söhne des ehemaligen SS-Obersturmbannführers Eichmann bei einem Kinobesuch kennengelernt hatte. Er schrieb daraufhin einen Brief an Fritz Bauer und brachte so die Suche nach Eichmann neu ins Rollen.
Fritz Bauer
schaltet Israel ein
Wird Eichmann an Deutschland ausgeliefert?
Wird Eichmann an Deutschland ausgeliefert?
Unzweifelhaft ist, dass Eichmann ohne das Drängen Fritz Bauers nicht entführt worden wäre. Bauer befürchtete, dass durch offizielle Maßnahmen Eichmann gewarnt worden wäre. Ein Auslieferungsverfahren wäre mit Publizität verbunden gewesen und hätte zu einem Fehlschlag führen können. Schließlich vertrat mit Werner Junker ein ehemaliger Nationalsozialist, der schon im Auswärtigen Amt der NS-Zeit tätig gewesen war, die Deutsche Botschaft in Buenos Aires und schützte den Verbrecher.
Der israelische Generalstaatsanwalt Haim Cohn bestätigte, dass man sich lange Zeit auch in Israel nicht darüber einig war, wie man gegen Eichmann vorgehen wollte. In einem Interview offenbarte er: „Ich habe das Möglichste getan, was ich konnte, um Fritz Bauer davon zu überzeugen, dass Deutschland ein Auslieferungsbegehren an Argentinien stellen sollte. Und soviel ich weiß, so viel er mir erzählt hat, das ging Jahre hindurch, jedenfalls 59, 60 (…), hat er alle zuständigen Stellen ersucht, ob das der Justizminister war, er hat mit dem Bundeskanzler verhandelt, aber die haben abgelehnt, sie wollten dieses nicht auf sich nehmen.“
Unabhängig davon setzte gerade in den Monaten vor der Entführung ein reger Austausch zwischen deutschen und israelischen Stellen ein. Im März 1960 kam es zum ersten Treffen zwischen Ben Gurion und Konrad Adenauer (1876-1967) in New York, und seit Anfang des Jahres plante Bundespräsident Theodor Heuss (1884-1963) einen Besuch in Israel. Tatsächlich hielt sich Heuss noch in Israel auf, als Eichmann sich bereits im Gewahrsam der israelischen Polizei befand – was jedoch während des Besuches nicht zur Sprache kam. Politisches Kalkül? Laut Protokoll eines Gesprächs zwischen Isser Harel, Ben Gurion und Yitzhak Navon (1921-2015), dem späteren israelischen Staatspräsidenten, wusste Ben Gurion nicht einmal, wer der Überbringer der Nachricht vom Aufenthaltsort Eichmanns war. Harel erwähnte Bauer nicht, sondern sprach immer nur von „einem deutschen Juden“. Mit Ben Gurions Zustimmung waren jedoch die Würfel für die Entführung bereits Ende 1959 gefallen.
Eichmann vor
Gericht in Israel
Verhör & Urteil
Verhör durch Avner Less
Neun Monate ermittelte die israelische Anklagebehörde. Neun Monate, in denen Eichmann parallel dazu in seiner Zelle eine umfassende Rechtfertigung unter dem Titel „Götzen“ verfasste sowie seitenlange Kommentare und Korrekturen zu dem Verhör, dem er von Hauptmann Avner Less (1916-1987) unterzogen wurde. Eichmann wollte sein Leben durch Kadavergehorsam retten, indem er dem Gericht höchste Kooperationsbereitschaft signalisierte.
Das Verhör durch Avner Less dauerte rund 275 Stunden. Es wurde auf Tonband aufgenommen und transkribiert, dem Gericht rund 3000 Seiten Text vorgelegt. Eichmann las den Text Korrektur, er machte zahlreiche handschriftliche Anmerkungen, teilweise „verbesserte“ er das Transkript.
Der Journalist und Publizist Jochen von Lang (1925-2003) publizierte später Auszüge aus diesen Transkriptionen. Der Staatsanwaltschaft diente das Verhör als wichtige Grundlage für die Anklageerhebung.
Das Interview von Willem Sassen
mit Eichmann in Argentinien
Willem Sassen (1918-2001) war Mitglied der niederländischen SS-Legion, deren Soldaten als nationale Gefechtseinheiten in der Waffen-SS an der Ostfront kämpften. Er bereiste als SS-Kriegsberichterstatter das von den Nationalsozialist*innen besetzte Europa. Zu Kriegsende wurde er von den Alliierten in der Nähe von Utrecht interniert. Nach einer abenteuerlichen Flucht gelangte er nach Antwerpen, wo er sich als Jude ausgab und behauptete, dass seine Familie in Auschwitz umgekommen sei. Ein Militärtribunal in Belgien ermittelte schließlich Sassens wahre Identität. Er wurde abgeschoben, gelangte jedoch mit Hilfe gefälschter Papiere im September 1948 nach Argentinien. Auch Sassen arbeitete zunächst für die CAPRI. Dann wurde er Südamerikakorrespondent des Magazins DER STERN, das sein Freund Henri Nannen, der ebenfalls als Kriegsberichterstatter an der Ostfront gewesen war, gerade gegründet hatte.
Der ehemalige SS-Offizier machte rasch Karriere. Wilfried von Oven, vormals Pressereferent im Reichspropagandaministerium, machte Sassen mit Eberhard Fritsch bekannt, der Eigentümer des Dürer-Verlags und Herausgeber der Zeitschrift Der Weg war, wo Sassen als Redakteur Anstellung fand. Verlag und Zeitschrift hatten sich zu Bezugspunkten für NS-Kreise entwickelt, unter denen es zahlreiche von den Alliierten als Kriegsverbrecher gesuchte Nazis gab. Frühzeitig wusste man in dieser Gemeinde von der Ankunft des ehemaligen Lagerarztes des KZ Auschwitz, Dr. Josef Mengele (der von Fritz Bauer ebenfalls gesucht wurde). Und auch mit dem ehemaligen Leiter des Judenreferats im Reichssicherheitshauptamt Eichmann hatte man engeren Kontakt. Sassen organisierte „Kameradschaftsabende“ und veröffentlichte in der unverhohlen antisemitischen Zeitschrift Der Weg mehrere Artikel, bis diese nach der Entmachtung Peróns eingestellt wurde.
Für Sassen endeten damit die goldenen Zeiten in Argentinien. Nachdem er es bis zum Berater für Öffentlichkeitsarbeit bei Evita Perón gebracht hatte, musste er sich nach dem Sturz des Diktators um neue Arbeit bemühen. In diese Zeit fiel das Übereinkommen mit Eichmann, ein Buch zu schreiben, das anonym publiziert werden sollte. Das erste Interview wurde vermutlich in der zweiten Hälfte des Jahres 1956 aufgezeichnet. Am Ende bewahrte Sassen die Tonbänder und ein von Eichmann korrigiertes Transkript in seinem Haus auf – bis kurz vor Eichmanns Entführung im Frühjahr 1960.
Eichmann und Sassen trafen sich in zahlreichen Zusammenkünften, bei denen nicht wenig Alkohol floss. Nicht selten war der Deportationsspezialist empört, wenn Sassen die Schwierigkeiten, die er bei der Realisierung der „Endlösung“ zu überwinden hatte, und seine Leistung als „Judenreferent“ nicht genügend würdigte. Eichmann wollte die Nachwelt wissen lassen, dass er bei der Planung und Durchführung der Vernichtung „mitgedacht“ hatte. Veröffentlicht werden sollte das Interview, wie Eichmann betonte, erst nach seinem Tod.
Sassen und Eichmann unterschied, dass ersterer gern seinen „Führer“ vom Makel der „Endlösung der Judenfrage“ befreit hätte. Dass er damit bei Eichmann an den falschen Mann geraten war, machte dieser im Interview mehrfach deutlich. Sassens Herunterreden der Vernichtungszahlen stachelte den Deportationsspezialisten umso mehr an, sich genauer an die Details zu erinnern, an alle Hindernisse, die ihm in die Quere kamen bei seinem Ziel, die Verfolgten in die KZ-Lager abzutransportieren.
„Gewissenhaftes Werkzeug
der Gewissenlosigkeit“
Im Sassen-Interview zeigte Eichmann wer er war: Ein radikaler Antisemit und Nationalist, für den die verfolgten Jüdinnen und Juden „Reichsfeinde“ waren. Wie ein Nationalsozialist denkt und agiert, welche bis zum Äußersten gehende Brutalität damit verbunden war, wird aus dem Interview deutlich. Das Sassen-Interview belegt, dass Eichmann seine Tatorte vorab gründlich inspizierte. Er fuhr an die Stätten der Vernichtung, bevor er wieder und wieder zur Tat schritt und die Menschen dorthin abtransportieren ließ. Er überlegte sich genau, wie er möglichst viele Opfer erfassen konnte, um sein „Soll“ zu erfüllen. Ab und an ging er auch darüber hinaus, wie im Falle der Deportation von 400.000 ungarischen Jüdinnen und Juden in kürzester Zeit aus dem besetzten Budapest.
Der Prozessbeobachter der Süddeutschen Zeitung erkannte in Eichmann den Verbrecher als solchen: „Eichmann war ein gewissenhaftes Werkzeug der Gewissenlosigkeit.“
Als 1999 bekannt wurde, dass Eichmanns angebliche Memoiren, die Rechtfertigung „Götzen“, publiziert werden sollten, entbrannte darüber eine Kontroverse in der Presse. Es stellte sich heraus, dass nur die Wenigstens wussten, wieviele „Eichmann Memoiren“ es gibt und dass der Verbrecher monatelang nichts anderes tat, als seine Untaten aufs Papier zu bringen, um sich davon freizusprechen. DIE WELT konnte es sich dennoch nicht versagen, eines der Manuskripte Eichmanns in Serie zu publizieren.
Immer wieder sind die Schriften von Nazi-Tätern gut für Aufmacher, um die Auflagen von Büchern, Magazinen und Zeitungen zu erhöhen und spielen so dem Ungeist neuerlich zum Tanz auf. So machte in jüngerer Zeit das Münchner Institut für Zeitgeschichte Hitlers „Mein Kampf“ zu einem Bestseller. Die erste Auflage dieser mit 5000 Fußnoten versehenen Ausgabe war nach wenigen Tagen vergriffen. Was wir und vor allem Jugendliche aus diesen Nazi-Schriften lernen sollen oder können – es bleibt dubios. Aber den NS-Tätern wird auf diese Weise eine völlig unangebrachte wissenschaftliche Aufwertung ihres Rassismus, Antisemitismus und Nationalismus zuteil.
Anklage gegen Adolf Eichmann
Generalstaatsanwalt Gideon Hauser (1915-1990) erhob am 21. Februar 1961 in 15 Punkten Anklage gegen Adolf Eichmann:
Das Urteil
Der ehemalige SS-Obersturmbannführer Adolf Eichmann, der die „Endlösung“ mitplante und durchführte, der Millionen Menschen in die Vernichtungslager deportierte, wurde mit dem Urteilsspruch vom 11. bis 15. Dezember 1961 zum Tode verurteilt und – nach Ablehnung seiner Berufungsklage – im Mai 1962 gehenkt. Die Asche wurde außerhalb der israelischen Hoheitsgewässer ins Mittelmeer verstreut. Das Gericht vertrat die Auffassung, dass Eichmann sich weder auf Befehlsnotstand noch darauf berufen konnte, lediglich Befehle ausgeführt zu haben, sondern willentlich an der „Endlösung“ mitgewirkt hat.
Biografie Eichmann
Eichmann, 1906 in Solingen geboren, wuchs ab 1914 in Linz in Österreich auf. Er war als Vertreter einer Elektrofirma und einer Mineralölfirma in Oberösterreich, Salzburg und Nordtirol tätig, trat 1927 dem deutsch-österreichischen Frontkämpferbund bei und trat 1932 in die österreichische NSDAP und in die SS ein. Als diese 1933 in Österreich verboten wurden, ging Eichmann nach Bayern, wo er im Lager Lechfeld und später in Dachau eine militärische Ausbildung bei der SS absolvierte. Hier meldete er sich im Oktober 1934 zum SD nach Berlin. Zunächst arbeitete er als Hilfskraft im SD-Referat II 111, das unter anderem für den Aufbau einer „Freimaurerkartei“ zuständig war. Im Juni 1935 wurde Eichmann in das neu geschaffene Referat II 112 (Referat Juden) versetzt und war Sachbearbeiter für „Judenangelegenheiten“. In Zusammenarbeit mit der Gestapo intensivierte er die Vertreibung der Jüdinnen und Juden.
Nach dem „Anschluss“ Österreichs leitete er in Wien zusammen mit seinem Stellvertreter Alois Brunner (auch gegen ihn ermittelte Fritz Bauer) die „Zentralstelle für jüdische Auswanderung“, die die Ausplünderung und Vertreibung der Jüdinnen und Juden aus Österreich organisierte. Im März 1939 wurde er mit der Errichtung einer Auswanderungsbehörde nach demselben Modell in Prag beauftragt.
Ende 1939/Anfang ’40 übernahm Eichmann die Leitung der zuvor von Heydrich eingerichteten Reichszentrale für jüdische Auswanderung in Berlin und wurde Leiter des Referats IV D 4 („Räumungsangelegenheiten und Reichszentrale für jüdische Auswanderung“) beim RSHA in Berlin. Im Juli 1941 wurde Eichmanns Referat im Zuge einer Umstrukturierung des RSHA und in Folge des Auswanderungsverbots für Juden (Herbst 41) in IV B 4 („Juden- und Räumungsangelegenheiten“) umbenannt. Als Leiter des Referats war Eichmann für die Organisation der Deportationen aus Deutschland und den besetzten Ländern zuständig, er besorgte die Eisenbahnzüge. Er war somit ein Hauptverantwortlicher für die Enteignung, Deportation und Vernichtung von über 6 Millionen Jüdinnen und Juden.
Als Deportationsspezialist war er auch bei der Wannsee-Konferenz im Januar 1942 anwesend, wo er als Protokollführer fungierte. Die Konferenz sollte System in die anfänglich weitgehend ungeordneten Gewalttätigkeiten bringen. Eichmann organisierte fortan die „Evakuierung der Juden nach dem Osten“ (Wortlaut des Protokolls) in großem Maßstab. Sein Auftrag lautete: „Im Zuge der praktischen Durchführung der Endlösung wird Europa von Westen nach Osten durchgekämmt“. Nach dem Reichsgebiet zunächst Frankreich, Holland, Belgien, Slowakei, Jugoslawien, Rumänien, Bulgarien… Ab 1944 organisierten Eichmann und sein „Sondereinsatzkommando“ die Deportation der Jüdinnen und Juden Ungarns nach Auschwitz – binnen sieben Wochen mehr als 400.000 Menschen. Gleichzeitig verhandelte er im Auftrag Himmlers gemeinsam mit dem SS-Führer Kurt Becher mit dem jüdischen Hilfskomitee in Budapest über den Freikauf jüdischer Gefangener.
Vor dem Jerusalemer Gericht verteidigte sich Eichmann, immer nur seine Pflicht erfüllt und „auf Befehl“ gehandelt zu haben. In einer der aufschlussreichsten Befragungen durch den Hauptankläger Gideon Hausner (1915-1990) fragte dieser schließlich empört nach: „Dann waren Sie also nur ein Trottel?“ Was sich der ehemalige SS-Obersturmbannführer nicht zweimal sagen ließ und derartig provoziert seine „schöpferische“ Leistung herausstellte. Gegenüber dem SS-Kumpan Willem Sassen hatte Eichmann unter anderem erklärt: „Ich war kein normaler Befehlsempfänger, dann wäre ich ein Trottel gewesen, sondern ich habe mitgedacht, ich (bin) ein Idealist gewesen.“ Während Eichmann vor Gericht seine untergeordnete Stelle in der SS-Hierarchie herausstellte, war er tatsächlich ein effektiver Bürokrat bei der Realisierung des Völkermords.
Fritz Bauer hat „Landesverrat“ begangen, indem er den Aufenthaltsort von Eichmann an Israel weitergab.
DESINFORMATION UND FAKTENCHECK
Der Faktencheck der Ausstellung „Wenn ich mein Büro verlasse, betrete ich feindliches Ausland“ (Fritz Bauer) orientiert sich an der Webseite der Bundesregierung über Desinformation.
Desinformation sind Lügen, Gerüchte und tendenziöse Behauptungen: „Irreführende und falsche Informationen werden (…) dann zu einer Gefahr, wenn sie das Ziel haben, Menschen vorsätzlich zu täuschen oder zu beeinflussen und gezielt verbreitet werden. Man spricht dann von Desinformation. Die Absicht dahinter ist also der wesentliche Unterschied zu einer Falschnachricht.“
Desinformation kann täuschend echt sein: „Gezielte Desinformation als solche zu identifizieren ist allerdings nicht leicht: Mal werden Dinge völlig frei erfunden, mal absichtlich aus dem Zusammenhang gerissen, zugespitzt oder wesentliche Informationen weggelassen, es entsteht ein falscher Eindruck.“ Die Bundesregierung weist darauf hin, dass von Desinformationen eine Gefahr ausgeht. Sie sollen eine Gesellschaft spalten und verfolgen das Ziel, Schaden anzurichten: „Existierende Konflikte und Debatten sollen verschärft, das Vertrauen in staatliche Institutionen untergraben und insgesamt Wut und Emotionen geschürt werden.“
Quelle: https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/umgang-mit-desinformation/was-ist-desinformation-1875148 (zuletzt abgerufen am 19. November 2022)
Der Faktencheck der Ausstellung „Wenn ich mein Büro verlasse, betrete ich feindliches Ausland“ (Fritz Bauer) orientiert sich an der Webseite der Bundesregierung über Desinformation.
Desinformation sind Lügen, Gerüchte und tendenziöse Behauptungen: „Irreführende und falsche Informationen werden (…) dann zu einer Gefahr, wenn sie das Ziel haben, Menschen vorsätzlich zu täuschen oder zu beeinflussen und gezielt verbreitet werden. Man spricht dann von Desinformation. Die Absicht dahinter ist also der wesentliche Unterschied zu einer Falschnachricht.“
Desinformation kann täuschend echt sein: „Gezielte Desinformation als solche zu identifizieren ist allerdings nicht leicht: Mal werden Dinge völlig frei erfunden, mal absichtlich aus dem Zusammenhang gerissen, zugespitzt oder wesentliche Informationen weggelassen, es entsteht ein falscher Eindruck.“ Die Bundesregierung weist darauf hin, dass von Desinformationen eine Gefahr ausgeht. Sie sollen eine Gesellschaft spalten und verfolgen das Ziel, Schaden anzurichten: „Existierende Konflikte und Debatten sollen verschärft, das Vertrauen in staatliche Institutionen untergraben und insgesamt Wut und Emotionen geschürt werden.“
Quelle: https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/umgang-mit-desinformation/was-ist-desinformation-1875148 (zuletzt abgerufen am 19. November 2022)
Die Machthaber des “Dritten Reiches”
Hitler wurde 1889 in der österreichischen Grenzstadt Braunau am Inn geboren, er wuchs in einer Familie der unteren Mittelschicht auf. Sein Vater war Zollbeamter, er starb 1903, die Mutter 1907. Zweimal scheiterte Hitler nach dem Besuch einer Realschule bei der Aufnahmeprüfung in die Malschule der Akademie der Bildenden Künste in Wien. Danach führte er ein unstetes Leben in Wien und saugte sich voll mit antisemitischen Parolen, die damals die Öffentlichkeit überfluteten.
1913 zog Hitler nach München und meldete sich nach Ausbruch des Weltkrieges zum bayerischen Militär. Als Gefreiter in einem Infanterieregiment wurde er mit dem Eisernen Kreuz erster und zweiter Klasse ausgezeichnet, aber nicht befördert. Die Nachricht von der Kapitulation erreichte ihn im Lazarett, in das er – bei einem Senfgasangriff verwundet, das heißt erblindet – eingeliefert worden war.
Nach der Entlassung kehrte er nach München zurück, blieb in Militärdiensten und bespitzelte die politische Szene. Dabei kam er mit einer Splittergruppe in Berührung, die sich Deutsche Arbeiterpartei nannte. 1921 wurde er ihr Anführer und engagierte sich fortan immer mehr in der Rolle des Agitators. Nach einem gescheiterten Putschversuch am 9. November 1923 machte man ihm und seinen Genossen den Prozess. Hitler nutzte ihn als Bühne zu Schmähreden auf die Weimarer Republik und fand bei den Richtern sowie in der Öffentlichkeit ein beachtliches Echo. Die Ausweisung des Österreichers Hitler unterblieb, obwohl sie gesetzlich vorgeschrieben war.
Zu Festungshaft verurteilt, aber schon nach wenigen Monaten entlassen, verfasste Hitler im Landsberger Gefängnis seine Programmschrift Mein Kampf und begann 1925 mit dem Neuaufbau der NSDAP.
Zunächst fand sie wenig Resonanz, stiegt aber bei den Reichstagswahlen 1930 zur Massenpartei auf. Im Frühjahr 1932 konnte sich Hitler als Kandidat für das Amt des Reichspräsidenten aufstellen lassen. Er unterlag zwar dem Generalfeldmarschall von Hindenburg, erzielte jedoch (mit 36,8 Prozent der Stimmen) einen unerwarteten Erfolg; erst recht bei den Reichstagswahlen am 31. Juli 1932, bei denen die NSDAP 37,3 Prozent (zuletzt, nämlich am 5. März 1933, 43,9 % oder 17,3 Millionen Stimmen) errang – jedoch niemals bei freien Wahlen die absolute Mehrheit. Am 30. Januar 1933 wurde Hitler zum Reichskanzler ernannt und regierte ohne parlamentarische Mehrheit.
Nach dem Reichstagsbrand in der Nacht vom 27. auf den 28. Februar 1933 erging eine präsidentielle Notverordnung „zum Schutz von Volk und Staat“, welche die bürgerlichen Grundrechte aufhob – angeblich „zur Abwehr kommunistischer staatsgefährdender Gewaltakte“, in Wahrheit jedoch zur Legalisierung des bereits entfesselten Terrors und zur Festigung der Diktatur. Das am 23. März 1933 durchgesetzte „Ermächtigungsgesetz“ vollendete die „Nationale Revolution“ und schuf die Voraussetzung für die Verfolgung der politischen Opposition und besonders der Juden und Jüdinnen.
Himmler stammte aus einer kleinbürgerlich-katholischen Familie, der Vater war Schulleiter. In München geboren, aufgewachsen in Landshut, wo er die Oberschule besuchte, war er ein Musterschüler, der nach dem Abitur Berufsoffizier werden wollte und es im Ersten Weltkrieg bis zum Fähnrich brachte. Nach dem Studium der Landwirtschaft und Ökonomie betätigte er sich als Vertreter und Geflügelzüchter. Über einen rechtsradikalen Soldatenverein stieß Himmler zur NSDAP und nahm am Putschversuch von 1923 teil:
Als Fahnenträger, der Hitler vom ersten Tag an verfallen war und regelrecht hörig wurde. Seit 1926 stellvertretender Propagandaleiter der NSDAP, begann Himmlers Karriere 1929 mit der Übernahme des Kommandos über die noch kleine SS, Schutzstaffel zur Sicherung der NSDAP-Führerschaft. Bis zur Machtübergabe an die Nationalsozialisten baute er sie zu einer Stärke von 30.000 Mann aus. Im „Dritten Reich“ zunächst Polizeipräsident von München und Leiter der politischen Polizei in Bayern, verschaffte er sich binnen kurzem die Zuständigkeit für die Geheimpolizei in allen Ländern. 1934 machte Göring ihn zum Stellvertretenden Chef der preußischen Gestapo, 1936 wurde er offiziell Reichsführer-SS und Chef der deutschen Polizei.
Der Durchbruch gelang Himmler 1934: durch Mitwirkung seiner SS bei der Niederschlagung des „Röhm-Putsches“. Zusammen mit dem Stabschef der SA und der Führung dieser Parteiarmee wurden zahlreiche Regimegegner umgebracht. Nun machte Hitler die SS zum selbständigen Werkzeug des NS-Terrors, Himmler wurde zum mächtigsten Gefolgsmann des „Führers“ und entwickelte einen förmlichen Staat im Staate: Durch Beherrschung der gesamten Polizei und Gestapo, durch Schaffung einer sogenannten Verfügungstruppe, durch den Ausbau des Konzentrationslagersystems, durch die Organe der Rasse- und Siedlungspolitik, durch Sonderinstanzen, die in die verschiedensten Lebensbereiche eindrangen (so die Zuchtanstalten des „Lebensborn“ oder die Forschungsunternehmen des „SS-Ahnenerbes“), nicht zuletzt durch die Gründung einer neuen Wehrmachtsformation, der Waffen-SS, die es im Laufe des Krieges auf 40 Divisionen brachte.
Als antisemitischer und germanophiler Machtpolitiker träumte Himmler von der Weltherrschaft der nordischen Rasse, deren Angehörige aus allen europäischen Ländern herauszulösen und in einem zu erobernden Siedlungsraum als bäuerliche Herrenmenschen ein urtümliches Heldenleben genießen sollten
– während die “minderwertigen” und speziell die „fremdvölkischen“ Untertanen (Juden und Jüdinnen, Pol*innen, sowjetische Staatsbürger*innen in erster Linie) zum Teil ausgerottet, zum Teil zu Dienstleistungen versklavt werden sollten.
Nach der Entrechtung der deutschen Jüd*innen durch die Nürnberger Rassegesetze 1935 sowie im Zuge der geplanten Vertreibung der gesamten jüdischen Bevölkerung (etwa 550.000 Menschen) entwickelte die SS-Führung Pläne zur vollständigen „Säuberung“ ihres Herrschaftsbereiches und begann bei Kriegsbeginn mit der Verfolgung der Jüd*innen in den eroberten Territorien.
1939 zum „Reichskommissar für die Festigung deutschen Volkstums“ ernannt, ließ Himmler eine Denkschrift für die „Behandlung der Fremdvölkischen“ (Mai 1940) ausarbeiten und plante die vollständige Vernichtung der Juden und Jüdinnen. Bereits im Herbst 1941 ordnete er an, Personal der NS-Euthanasie-Aktion abzustellen, um die polnischen Juden und Jüdinnen in Gasanlagen zu ermorden. Der Holocaust begann Ende 1941 mit den Deportationen, bald aus ganz Europa, in die Konzentrations- und Vernichtungslager. Vor allem in Auschwitz wurde fortan ein fabrikmäßig organisierter Massenmord betrieben und sollte sich erfüllen, was Himmler als seine Mission verstand: Die „Endlösung der Judenfrage“.
1943 machte Hitler ihn zum Reichsinnenminister und – nach dem Attentat vom 20. Juli 1944 – zum Befehlshaber des Ersatzheeres. In Anbetracht der drohenden Niederlage versuchte Himmler, Geheimverhandlungen mit den Alliierten aufzunehmen und traf sich sogar mit einem Emissär des jüdischen Weltkongresses, um ihm ein Friedensangebot zu machen. Von der britischen Besatzungstruppe verhaftet, flüchtete Himmler sich am 23. Mai 1945 in den Selbstmord.
SS-Obergruppenführer Heydrich galt im „Dritten Reich“ als Prototyp des „nordischen Herrenmenschen“. Er war zugleich der technisch perfekte Führungsfunktionär, der die Judenvernichtung zielstrebig ins Werk setzte.
Geboren am 7. März 1904 in Halle an der Saale, stammte Heydrich aus einer gutbürgerlichen Musikerfamilie. Sein Vater, ein begeisterter Wagnerianer, war Opernsänger, Komponist und Direktor des Konservatoriums in Halle. Heydrich wurde nach dem Abitur zunächst Berufsoffizier bei der Marine, brachte es bis zum Oberleutnant, musste jedoch nach einem Ehrengerichtsverfahren ausscheiden.
Anfang der 1930er Jahre trat er in die NSDAP und SS ein, machte dort schnell Karriere: Er wurde Himmlers rechte Hand, der unentbehrliche Stabschef, der im Schatten des Reichsführers-SS und Befehlshabers der Polizei die Struktur des Terrorsystems entwickelte. Mit Hilfe des Geheimdienstes, erst recht nach Entstehung des Reichssicherheitshauptamtes, organisierte er die Überwachung der Bevölkerung und setzte die Zwangsinstrumente des Regimes (Konzentrationslager, Einsatzgruppen, Gestapo) jederzeit ein. Vor allem zur Verfolgung und Vernichtung der Juden und Jüdinnen, aber auch der polnischen und russischen Intelligenzschicht, der Sinti*zze und Rom*nja und der Behinderten.
Heydrichs größtes Verbrechen ist die Organisation der Vernichtung der Jüd*innen für die er auf der berüchtigten Wannsee-Konferenz am 20. Januar 1942 seine Planung vorlegte. Die Vertreter der wichtigsten Regierungsämter bekamen hier die Etappen für die bereits angelaufene „Endlösung der Judenfrage“ präsentiert.
Heydrich verlegte seine Machtzentrale nach Prag, wo er ein despotisches Regiment führte. Nach einem Attentat tschechischer Widerstandskämpfer starb er am 4. Juni 1942. Die Besatzungsmacht rächte sich blutig: Standgerichte in Prag und Brünn verurteilten 936 bzw. 395 angeblich Beteiligte zum Tode; darüber hinaus wurden die Ortschaft Lidice und andere Dörfer dem Erdboden gleichgemacht, die meisten Einwohner umgebracht.
Geboren im bayerischen Rosenheim als Sohn einer wohlhabenden Familie. Im Ersten Weltkrieg Kampfflieger und zuletzt Kommandeur des Richthofen-Geschwaders; nach dem Krieg arbeitslos, in Dänemark und Schweden als Schauflieger tätig; durch seine erste Frau 1922 mit der NSDAP in Kontakt gebracht. 1923 zum Obersten SA-Führer ernannt und am gescheiterten Putsch des 9. November 1923 in München beteiligt, danach Flucht ins Ausland; Rückkehr 1927. Im Jahr danach Abgeordneter der NSDAP im Reichstag, nach dem 1930 einsetzenden, sprunghaften Wahlerfolg der Nazis im Sommer 1932 dessen Präsident.
Nach der Machtübergabe an Hitler am 30. Januar 1933 Minister ohne Geschäftsbereich und zugleich Reichskommissar für das preußische Innenministerium; im April 1933 Ministerpräsident und Innenminister von Preußen. Dort baut Göring mit Himmler die Gestapo auf und wird ihr Chef. Er „säubert“ die preußische Verwaltung, vor allem die Polizei, trumpft mit rechtswidrigen Parolen auf.
1934 übernimmt er zusammen mit Reichsführer-SS Himmler eine führende Rolle beim „Röhm-Putsch“ zur Ausschaltung des SA-Rivalen, den er mitsamt der SA-Führung ermordet. Im Rahmen der Wiederaufrüstung 1935 zum Oberbefehlshaber der Luftwaffe ernannt, wird ihm 1936 auch die Verantwortung für den Vierjahresplan übertragen, weil Hitler Göring zutraut, die Wirtschaft auf den Krieg vorzubereiten und sich auf jedem Gebiet radikal durchzusetzen. Für die Gleichschaltung der Wirtschaft zuständig, betreibt Göring die „Arisierung“ der jüdischen Betriebe, gründet selbst die „Reichswerke Hermann Göring“ zur Beschleunigung der Rüstung (1937). Von Hitler nach dem antijüdischen Pogrom vom 9. November 1938 mit der Regelung der „Judenfrage“ beauftragt, sorgt er für die Ausbeutung der jüdischen Bevölkerung.
Zu Kriegsbeginn wird Göring zum Nachfolger Hitlers bestellt und offiziell zweiter Mann des NS-Regimes. Nach den ersten Erfolgen im Krieg gegen Polen und Frankreich 1940 zum Reichsmarschall des Großdeutschen Reiches befördert und mit dem höchsten Orden, dem Großkreuz des Eisernen Kreuzes, dekoriert, fällt Göring vorübergehend bei Hitler in Ungnade, weil er mit seiner Luftwaffe den „Kampf um England“ nicht gewinnt.
Fortan von allen wesentlichen Entscheidungen ferngehalten, behält Göring jedoch zentrale Machfunktionen. In seiner Funktion als „Reichsmarschall des Großdeutschen Reiches / Beauftragter für den Vierjahresplan / Vorsitzender des Ministerrats für die Reichsverteidigung“ ermächtigt er am 31. Juli 1941 den Chef der Sicherheitspolizei und des SD, SS-Gruppenführer Heydrich, „alle erforderlichen Vorbereitungen (…) für eine Gesamtlösung der Judenfrage im deutschen Einflussgebiet in Europa“ zu treffen. Dies ist der Anlass für die Einberufung der Wannsee-Konferenz am 20. Januar 1942.
Noch einmal bei Kriegsende tritt Göring in Erscheinung, als er – ins sichere Berchtesgaden geflüchtet – eine Woche vor Hitlers Selbstmord im Reichskanzlei-Bunker bei seinem „Führer“ anfragt, ob er denn nun die Staatsgeschäfte übernehmen solle, und darum von diesem aus allen seinen Positionen entlassen wird. Bei seiner Gefangennahme am 8. Mai 1945 auf Schloss Fischhorn am Zeller See glaubte Göring immer noch, von General Eisenhower als Verhandlungspartner akzeptiert zu werden und als nächstes mit einer Proklamation vor sein deutsches Volk treten zu können.
Göring wird, nach einer Morphium-Entziehungskur im Lager Mondorf, im September 1945 in das Gefängnis des Nürnberger Justizgebäudes gebracht. Im Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher wird er zum Tode verurteilt. Er entzog sich der Urteilsvollstreckung im Oktober 1946 durch Selbstmord.
Geboren in Rheydt im Rheinland in einer streng katholischen Familie, in bescheidenen Verhältnissen aufgewachsen. Am Ersten Weltkrieg konnte er wegen eines Klumpfußes nicht teilnehmen. Literatur- und Philosophiestudium an der Universität Heidelberg, Abschluss mit der Promotion.
1924 Eintritt in die NSDAP, 1925 erstmals Hitler vorgestellt, 1926 Gauleiter von Berlin, wo er in den folgenden Jahren einen beispiellosen Propagandafeldzug initiierte. 1928 in den Reichstag gewählt, machte Hitler ihn 1930 zum Propagandaleiter der Partei. Von 1930-1933 organisierte Goebbels die Wahlkampagnen der NSDAP.
Als NS-Gauleiter von Berlin sowie als Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda in der Hitler-Regierung (ab 14. März 1933) hat er das meiste dafür getan, Hitler und das NS-Regime populär zu machen. Seine Methode: Gleichschaltung der Presse sowie des Rundfunks, die er von Berlin aus zu steuern und reglementieren verstand; sogenannte „Arisierung“ des gesamten Kulturlebens (der Filmproduktion, der Theater- und Musikaufführungen, der Literatur, der wissenschaftlichen Publizistik), das heißt Vertreibung sämtlicher jüdischer Kulturschaffender und Unterdrückung jeder oppositionellen Meinungsäußerung. Auf seine Veranlassung fand am 10. Mai 1933 die Bücherverbrennung statt.
Goebbels war daneben ein skrupelloser Aktivist: Er war maßgeblich bei der Auslösung und Durchführung des antijüdischen Pogroms vom 9. November 1938, der sogenannten „Reichskristallnacht“, beteiligt. Nach Kriegsbeginn 1939 übernahm er eine Schlüsselrolle bei der psychologischen Kriegsführung und ging weit über sein eigentliches Aufgabengebiet hinaus, indem er die Aktivitäten jüdischer Organisationen und die Bewegungsfreiheit der Juden und Jüdinnen einschränkte. Ihre im September 1941 eingeführte Kennzeichnung mit dem „gelben Stern“ hat Goebbels mit angeregt.
Der Höhepunkt kriegerischer Durchhaltepropaganda war Goebbels Rede im Berliner Sportpalast am 18. Februar 1943, mit der er die Bevölkerung auf den „totalen Krieg“ einschwor. Im Juli 1944 ernannte Hitler ihn zum „Reichsbevollmächtigten für den totalen Kriegseinsatz“. 1944 gelang es ihm, mit Hilfe des ihm ergebenen Majors Ernst Otto Remer, die Niederschlagung des Aufstands vom 20. Juli 1944 im Berlin zu organisieren.
Goebbels führte von 1924 bis 1945 Tagebuch. Seine Aufzeichnungen zählen zu den wichtigsten Quellen aus der NS-Führungsspitze. Sie zeigen ihn als radikalen Antisemiten, Hitler bedingungslos ergeben. Noch in den letzten Tagen des NS-Regimes zog er mit Frau und Kindern in den Führerbunker um. In seinem Testament hielt er fest, dass ein Leben nach Hitlers Tod für ihn und seine Familie sinnlos sei. Er beging mit seiner Frau Magda geborene Quandt, die er 1931 geheiratet hatte, am 30. April 1945 Selbstmord. Zuvor ermordeten sie ihre sechs Kinder im Alter zwischen vier und zwölf Jahren.
Der Generalgouverneur des 1939 eroberten Polen war eine der eigenartigsten Figuren in der Führerschaft des „Dritten Reiches“: Einerseits als Jurist ein penibler Positivist, andererseits ein radikaler Funktionär der „Endlösung der Judenfrage“.
Frank, in Karlsruhe geboren und aus einer gutbürgerlichen Familie, studierte in München und promovierte 1924 in Kiel. Er war Mitglied der völkischen „Thule-Gesellschaft“, schloss sich 1919 dem rechtsextremen Freikorps Epp an, machte 1923 sein Staatsexamen, trat in die SA sowie die NSDAP ein und beteiligte sich am 9. November 1923 in München an dem missglückten Hitler-Putsch.
Ab 1930 war er Reichstagsabgeordneter der NSDAP, schon zuvor Hauptanwalt und Verteidiger der Partei. Frank vertrat Hitler in einigen Verleumdungsprozessen vor Gericht. Er wurde bayerischer Justizminister, zugleich mit der Gleichschaltung, also der Ausrichtung des Rechtswesens auf die nationalsozialistische Ideologie beauftragt. 1934 wurde er zum Reichsminister ohne Geschäftsbereich ernannt und war von 1934 bis 1941 Präsident der “Akademie für Deutsches Recht”.
In eine gewichtige Machtposition gelangte er, als im Zuge der Besetzung Polens das „Generalgouvernement“ gebildet wurde, das restliche, nicht von Deutschland annektierte Territorium Polens. Im Oktober 1939 ernannte Hitler ihn zum „Generalgouverneur“. Soweit nicht die SS dort das Kommando führte und die Maßnahmen zur Ausrottung der Jüd*innen durchsetzte, vollzog Frank nach eigenen Plänen die „Endlösung“. Er ließ die ersten Vernichtungslager errichten und betrieb die systematische Ausbeutung des Besatzungsgebiets sowie die Versklavung der Bevölkerung. Er war verantwortlich für die Ermordung Hunderttausender Polen und die Deportation etwa einer Million polnischer Zwangsarbeiter*innen.
Als Rivale Himmlers und seiner Volkstumspolitik fiel Frank im August 1942 in Ungnade, durfte jedoch – aller sonstigen Ämter entkleidet und mit Redeverbot belegt – auf seiner Krakauer Burg weiter als „Generalgouverneur“ residieren. Die Vernichtung der Juden und Jüdinnen rechtfertigte Frank auch weiterhin; 1944 wollte er sogar noch einen antisemitischen Weltkongress nach Krakau einberufen.
In Nürnberg, vor dem Internationalen Militärtribunal, sprach er von der deutschen Schuld, wehrte sie aber durch die Aufrechnung mit den Kriegshandlungen der Alliierten vollständig ab. In der Haft schrieb er seine Memoiren, die 1953 unter dem Titel Im Angesicht des Galgens publiziert wurden. Frank wurde zum Tode verurteilt.
Geboren in einem Dorf bei Augsburg, uneheliches Kind aus kleinbürgerlichen Verhältnissen, brachte Julius Streicher es beruflich bis zum Hauptlehrer; ehe er – schon in den frühen zwanziger Jahren – zur NSDAP stieß, 1923 am Hitlerputsch beteiligt war und besonders ab 1926 den Wiederaufbau der NSDAP im fränkischen Raum organisierte.
Mit Haut und Haaren seinem „Führer“ Untertan, prägte er für die Nachwuchsformation den Namen Hitlerjugend („Bund deutscher Arbeiterjugend“), wurde Gauleiter der NSDAP in Franken und zog bereits 1924 in den bayerischen Landtag, 1932 in den Reichstag ein.
Nach der Machtübernahme Leiter eines „Zentralkomitees zur Abwehr der jüdischen Gräuel- und Boykotthetze“, blieb Streichers Hauptfunktion seit 1923 die Redaktion der von ihm gegründeten Wochenschrift Der Stürmer, die einen rabiaten Antisemitismus propagierte und es in den dreißiger Jahren bis zu einer Auflage von nahezu 500.000 Exemplaren brachte. In öffentlichen Schaukästen war das Hetzblatt überall präsent.
Streicher predigte den reinen Rassenhass. Neben antisemitischer Indoktrination zettelte er antijüdische Pogrome an. Seine besonders brutale Arisierungspolitik führte dazu, dass ihn sogar seine Parteigenossen fallen ließen und er 1940 infolge einer Korruptionsaffäre sein Amt als Gauleiter verlor.
Nach Kriegsende versuchte Streicher unterzutauchen und eine andere Identität anzunehmen, wurde aber am 23. Mai 1945 von US-Truppen verhaftet. Im Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher wurde er zum Tode verurteilt, das Urteil am 16. Oktober 1946 vollstreckt.
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